Neues aus der Fachschule

Über die „Entschärfung der Sprengköpfe der Gesellschaft“

Die Berufsfelder für Jugend- und Heimerzieher*/innen* bilden ein weites Spektrum des Lebens ab. Über Arbeitsplätze an den teils extremen Enden der Gesellschaft sollten wir in dem Delinquenz Seminar bei Herrn Wunder Wissenswertes erfahren.

Nachdem wir uns in einer Einstiegsrunde über unsere eigenen Erfahrungen, Wissensbestände und auch Vor-Urteile ausgetauscht hatten, wurde eine Basis an grundlegenden Informationen über das Thema Jugendstrafrecht und -verfahren gelegt.
Immer wieder kam es zu regem Austausch aufgrund Praxiserfahrungen in der Ausbildung. Man braucht anscheinend nicht im Gefängnis zu arbeiten, um mit dem Thema Straftaten und junge Menschen zu tun zu bekommen – und sei es nur der Ladendiebstahl und das „Schwarzfahren“.
Äußerst eindrücklich und emotional auch fordernd war die gemeinsame Analyse des kanadischen Kinofilms „10 ½“ aus dem Jahr 2011. Die dyadische Beziehungsarbeit eines Pädagogen zu einem delinquenten Kind mit massiven Gewalterfahrungen und defizitären Elternhauses wird in einem geschlossenen Heim begleitet. Die im Film gezeigten hohen psychischen und körperlichen Belastungen des Teams und das multiprofessionelle Zusammenwirken unterschiedlicher Institutionen wurde bewertet und auch strukturelle Schwächen der vorgestellten Einrichtung wurden unter die pädagogische Lupe genommen: Sollte man wirklich mit hochimpulsiven Jungen Feldhockey spielen und warum können dort Schränke einfach so umgeworfen werden?
Anderntags konnten wir uns frei in Kleingruppen organisieren und wählen zwischen verschiedensten pädagogischen Einrichtungen weltweit, die sich als Haftalternative darstellen. Die gewählte Institution wurde von der entsprechenden Kleingruppe hinsichtlich Theorie und Methodik recherchiert und kritisch hinterfragt.
Präsentiert wurden sowohl Einrichtungen, die als wegweisend erkannt wurden, so etwa die US-amerikanischen Glen Mills Schools oder auch das christlich arbeitende Seehaus in Leonberg. Auch über die Theorien der konfrontativen Pädagogik und des Peer Group Counseling erfuhren wir viel. Die Erkenntnis, dass ganz viel Gutes mit Straffälligen möglich ist setzte sich in der Klasse durch. Aber wer kümmert sich eigentlich um die Opfer der jungen Delinquenten? Hier ist noch viel zu tun, bemerkten wir und erfuhren über die ehrenamtliche Arbeit des Weißen Rings.
Als weiteres positives Beispiel gelungener pädagogischer Arbeit lernten wir die U-Haft Vermeidung in Schloss Stutensee kennen. Als krass negatives Beispiel wurde das Projekt Storm dargestellt: Ein Wochenend-Bootcamp in Louisanna, USA, bei dem es bereits 8 tote Kinder und über 1000 Knochenbrüche und schwere Verletzungen und unzählige seelische Traumata gab. Massive Straftaten und Gefährdungen des Kindeswohls werden dort vor allem auch durch Polizisten verübt, die im Projekt arbeiten!
Als Kontrast hierzu bewerteten wir die gemeinsame Analyse der ZDF Dokumentation „Jung im Knast“. Das modernste Jugendgefängnis der Republik gewährte Einblicke, Straffällige stellten ihren Lebensweg und das Leben im Gefängnis dar.
„Unterwegs“ im Seminar erfuhren wir mehr zu den Themen Sinn des Strafens, Methoden und Techniken der Devianzpädagogik, ambulante Maßnahmen, die Jugendgerichtshilfe und vor allem auch: Wo dürfen wir eigentlich als Jugend- und Heimerziehende in diesem Bereich arbeiten.


Zurück