Interview

mit einem ehemaligen Auszubildenden

„Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch.“
Erich Kästner

An alle Fachschüler und die, die es gerne werden wollen!
Ich möchte mich kurz bei euch vorstellen. Mein Name ist Sven Fattroth, ich bin 28 Jahre alt und war von 2014 bis 2017 selbst Auszubildender im BK 29 der Katholischen Fachschule in Heidelberg.

Was können Sie uns aus Ihrem Beruflichen Werdegang und ihrer aktuellen beruflichen Situation berichten?
Nach der Ausbildung in Würzburg und Heidelberg, habe ich in 1,5 Jahren noch in zwei anderen Jugendhilfeeinrichtungen im Raum Würzburg als Jugend- und Heimerzieher gearbeitet. Seit April 2019, bin ich nun wieder als Jugend- und Heimerzieher im Goldenen Kinderdorf in Würzburg, meiner Ausbildungsstelle während der Ausbildung, beschäftigt. Ebenfalls werde ich im Mai eine Weiterbildung zum Anti-Aggressivitäts-Trainer und Coolness-Trainer beginnen.

Welche Aussagen würden Sie rückblickend über die Fachschule treffen?
In drei Worten würde ich die Zeit, in all ihren Facetten als intensiv, lehrreich und prägend bezeichnen.
Wenn ein neuer Schulblock kam, hieß es jeden Sonntag, packen für mindestens drei Tage und Vorfreude darauf was einen in den nächsten Tagen erwarten würde. Vorfreude auf die Kollegen und Vorfreude auf die Stadt.
Doch davor wartete noch eine zweistündige Autofahrt auf mich, andere brauchten noch länger. Gerade danach war das Ankommen in der Fachschule, ein bisschen wie heimkommen. Ein Ort, an dem man sich wohlfühlen kann, gerade im Sommer, wenn im Garten alles blüht und der Unterricht dann auch mal draußen stattfindet. Es ist aber auch ein Ort, an dem man wahnsinnig viel lernt. Auch heute, fast 4 Jahre nach meinem Abschluss erinnere ich mich gerne an Unterrichtseinheiten zurück und vor allem Erfahrungen, die ich dort machen durfte und mich wohl für meine gesamte Zukunft und weiteren Werdegang geprägt haben.
Spontan fallen mir da die Projektwoche im dritten Ausbildungsjahr und einige Seminare ein. Im Rahmen der Projektwochen trafen sich einige Fachschüler mit einer Klasse Jugendlicher, die allesamt starke körperliche und geistige Beeinträchtigungen hatten zum Kanufahren. In den fünf gemeinsamen Tagen wuchsen beide Gruppen sehr stark zusammen und hatten sehr viel Spaß. Jeder lernte von jedem. Jeder lernte Dinge, die einem sehr lange in Erinnerung bleiben werden, da diese besonderen Erfahrungen nicht aus einem Buch oder dem Internet nahegebracht werden können.
Seminare fanden im schulischen Alltag immer sehr regelmäßig statt. Dabei werden Inhalte, die einem in der Kinder- und Jugendhilfe begegnen können und werden in drei Tagen intensiv behandelt. Es gab hierbei ein paar Exkursionen und Referenten, die mir sehr gut in Erinnerung geblieben sind. Da wären beispielsweise der Besuch einer Suchtklinik, des Jugendstrafvollzuges und vieler anderer Einrichtungen, die wir während der Klassenfahrt nach Hamburg besichtigten. Oder der Referent zum Thema Gewaltprävention, der mich so inspiriert und begeistert hat, dass ich nun selbst eine Weiterbildung in diesem Bereich machen werde.
Ebenso trifft man in der Katholischen Fachschule auf Lehrer, die wissen wovon sie sprechen, da sie alle selbst in den verschiedensten Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe gearbeitet haben. Ebenfalls trifft man auf Lehrer, die ein offenes Ohr für ihre Auszubildenden haben und ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Sei es bei inhaltlichen Themen in der Schule oder bei Problemen mit der Praxisstelle, man wird nicht allein gelassen.
Weiter muss ich sagen, dass ich die Ausbildung, so wie ich sie gemacht habe, jederzeit wiedermachen würde und sie jedem der mit dem Gedanken spielt Jugend- und Heimerzieher zu werden, nur weiterempfehlen kann.

Wie beurteilen Sie die duale Ausbildung aus Praxis und Schule und ihrer Umsetzung im beruflichen Alltag?
Die duale Ausbildung wie ich sie in Heidelberg und Würzburg genießen durfte, war für mich die ideale Form. Ich konnte in der Praxis arbeiten und mich dort weiterentwickeln und neu gelerntes aus den Schulblöcken direkt wieder anwenden. Dafür war nicht nur der Unterricht, in welcher Form er auch stattgefunden hat wichtig, sondern auch die vielen Sitzungen in der Praxisberatung. Durch diese verschiedenen Elemente fühlt man sich nach drei Jahren dualer Ausbildung gut gewappnet für den Alltag als Jugend- und Heimerzieher.

Abschließend möchte ich euch noch sagen, wenn ihr euch für eine duale Ausbildung zum Jugend- und Heimerzieher entscheidet und diese beendet, dann seid ihr sehr gut für eure Zukunft in Kinder- und Jugendhilfe aufgestellt, um richtig durchzustarten, um Kindern, die es wahrlich nicht immer leicht hatten, ein verlässlicher Ansprechpartner zu sein und um ihnen einen sonnigeren Weg zu zeigen.
Unser Beruf ist nicht nur einfach ein Beruf, sondern auch Berufung. Als Jugend- und Heimerzieher, seid ihr bei weitem nicht „nur“ Erzieher. Ihr seid ein bisschen von allem. Arzt, Chauffeur, Koch, Lehrer, Psychologe, Streitpartner, Freund, Geschichtenerzähler und alles was ihr sonst noch wollt und vor allem das, was unsere Schützlinge gerade brauchen. Diese Mischung macht für mich daraus, den schönsten Beruf, den man nur haben kann.