Neues aus der Fachschule

Studienfahrt 2017 BK30a Hamburg

Tag 1
Am 08.05. starteten wir mit der Bahn von Heidelberg aus in Richtung Hamburg. Hier kamen wir pünktlich und vor allem vollzählig an, konnten unsere Zimmer beziehen und ließen den Abend noch bei einem gemeinsamen Essen ausklingen.

Tag 2
Am zweiten Tag besuchten wir morgens das Basis-Projekt. Dies ist eine Anlauf- und Übernachtungsstelle für männliche Prostituierte (Stricher oder Sexarbeiter). Sie bieten eine Auszeit vom Strich, Gesundheitsprävention, ein Dach über dem Kopf, Ruhe und Rückzugsort, ärztliche Sprechstunde und eine Grundversorgung an. Außerdem können die Stricher ihre Wäsche waschen und bekommen auch etwas zu Essen. Primäres Ziel des Projektes ist nicht der Ausstieg, sondern die Gesundheit, Aufklärung und Unterstützung. Das Basis-Projekt ist in der Szene von St. Georg bekannt und wird nicht nur von den Strichern in Anspruch genommen, sondern es wird auch von den Wirten und Betreibern der Bars akzeptiert. Die Mitarbeiter des Basis-Projektes haben einen guten Kontakt zu allen Beteiligten. Finanziert wird das Basis-Projekt durch die Stadt Hamburg. Es war eine spannende und sehr informative Einrichtung.

Im Anschluss an diesen Besuch erhielten wir eine Stadtführung durch Hamburg. Wir erfuhren unter anderem etwas über den großen Hamburger Brand und konnten nach einer kurzen Fährenfahrt die neue Elbphilharmonie betrachten.

Da die Stadtführung im Herzen St. Paulis endete, wurde dies von Einzelnen noch genutzt, um eine der unzähligen Bars zu erkunden.

Tag 3
Am Mittwochmorgen besuchten wir das Rauhe Haus. Ein ehrenamtlicher Mitarbeiter empfing uns freundlich und ging mit uns gemeinsam in einen großen Saal, in dem er uns zunächst einen allgemeinen Überblick über die Einrichtung gab. Schon hier ließ sich erkennen, dass das Rauhe Haus viele unterschiedliche Lebensbereiche abdeckt. Anschließend schauten wir einen Kurzfilm, der uns noch einmal die Geschichte und den Alltag im Rauhen Haus aufzeigte. Danach wurden wir über das Gelände geführt, auf dem sich die verschiedenen Bereiche (u.a. Kinder- und Jugendhilfe, Behindertenhilfe, Sozialpsychiatrie, etc.) befinden. Um die Privatsphäre der Klienten zu schützen, schauten wir uns die Gebäude nur von außen an. Das „Alte Haus“ durften wir allerdings auch von innen sehen. Dort lebte und arbeitete Johann Hinrich Wichern selbst. Besonders beeindruckend war, dass alle Gebäude sowie Tore stets unverschlossen sind, um jedem einen freien Zugang zu ermöglichen. Dem Rauhen Haus ist es sehr wichtig, dass jeder Mensch dort selbstbestimmt leben kann, was bedeutet, dass jeder individuell für sich Entscheidungen treffen kann. Dies wird ermöglicht, indem auf die persönliche Situation geachtet wird und überlegt wird, was der Mensch in dieser Situation braucht und wie er gefördert werden kann.
Nach einer Mittagspause teilte sich unser Kurs in zwei Gruppen auf und wir besuchten das Sperrgebiet St. Georg eine Fachberatungsstelle für Prostitution in Hamburg. Das Konzept hat sich von der Jugendhilfe hin zum Opferschutz gewandelt. Es handelt sich um eine Fraueneinrichtung bis zu dem Alter von 30 Jahren mit der Zielgruppe von Sexarbeiterinnen im Umkreis von St. Georg, die ausschließlich von weiblichen Mitarbeitern betreut werden. Die Frauen sind hauptsächlich aus Osteuropa, die sich auf der Straße in St. Georg anbieten (Armutsprostitution). Frauen, mit massiver Drogenproblematik gehören nicht zum Klientel. Die Arbeit läuft anonym ab, wobei die Frauen entweder direkt in der Einrichtung oder aber durch Streetwork erreicht und betreut werden. Es besteht eine enge Kooperation zu anderen Fachberatungsstellen zur Gesundheits- u. Gewaltprävention, sodass bei Bedarf auch eine Begleitung beim Ausstieg aus der Sexarbeit stattfinden kann.
Die Präsentation der Referentin über die Einrichtung war ausreichend, informativ und sehr spannend. Von unserer Seite wurden extrem viele Fragen gestellt, in denen sich unser Interesse widerspiegelte. Die Atmosphäre war insgesamt sehr angenehm. Am Interessantesten für die meisten von uns war ein Buch, welches „miese Freier“ betitelt wurde und in welchem die Klientinnen andere Sexarbeiterinnen schriftlich vor Freiern warnten, die schlechte Absichten verfolgen. Zum Beispiel: Achtung vor dem großen dunkelhaarigen Mann in folgendem Auto (Kennzeichen u. Autobeschreibung), er schlägt und vergewaltigt dich. Das Klientel habe sich zwar lt. der Referentin inzwischen sehr zum positiveren geändert, allerdings waren diese Texte doch sehr eindrücklich um den Ernst der Lage nochmal zu verdeutlichen. Das Konzept des „Sperrgebiet St. Georg“ erscheint gelungen an die Situation vor Ort angepasst und somit vor allem hilfreich.

Der Abend stand wieder zu freien Verfügung und wurde genutzt, um weitere Eindrücke von Hamburg zu sammeln. So wurde zum Beispiel eines der unzähligen Musicals („Die heiße Ecke“) besucht oder über den Nachtmarkt mit den diversen Street Food Angeboten auf dem Spielbudenplatz geschlendert.

Tag 4
Bei strahlendem Sonnenschein starten wir am 4. Tag zu unseren beiden letzten Einrichtungen. Zum Kennenlernen des Projekts „Gefangene helfen Jugendliche“ landeten wir, zur Verblüffung der meisten, erst einmal in einem großen Wohnzimmer einer Etagenwohnung mit einer wunderschönen Dachterrasse.

Der Verein wurde uns vom Geschäftsführer vorgestellt. So erzählte er, dass drei Inhaftierte der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel die Idee einer Vereinsgründung hatten. Ziel sollte sein: Insassen der JVA erhalten die Aufgabe, im Bereich der Kriminal- und Gewaltprävention für Jugendliche zu arbeiten. Zielgruppe sollten hierbei Jugendliche im Alter zwischen 14 und 21 Jahren sein, die bereits polizeilich oder gerichtlich auffällig waren. Das Projekt soll eine präventive Maßnahme gegen Jugendkriminalität sein, indem es Jugendlichen, sowohl männlich als auch weiblich ermöglicht, den tatsächlichen Gefängnisalltag kennenzulernen und sich mit Häftlingen über deren Erfahrungen, Erlebnisse und Straftaten zu unterhalten. Im Rahmen der Arbeit geht es darum, bei den Jugendlichen eine höhere Sensibilität für andere zu entwickeln und Hilfsbereitschaft sowie positives Verhalten zu fördern, in dem sie auf die Folgen ihres Handelns für eine andere Person hingewiesen werden, also Zusammenhänge hergestellt und eigenes Fehlverhalten einsichtig gemacht wird. Gemeinsam mit den Jugendlichen werden die Besuche in der JVA vor- und nachbereitet. In mehrtägigen Workshops wird das Erlebte reflektiert. Hierbei liegt ein besonderer Fokus auf den Opfern, welche häufig außer Acht gelassen werden. Auch die Häftlinge, welche akribisch aussortiert und geschult werden, scheinen durch die Teilnahme am Projekt in ihrem Handlungsfeld sowie ihren Sozialkompetenzen stabilisiert zu werden. Die Rückfallquote dieser Inhaftierten ist deutlich geringer in direkter Gegenüberstellung zu Inhaftierten die niemals mit dem Projekt in Berührung kamen. Fazit hieraus ist eine erfolgreiche Resozialisierung. Abschließend lässt sich sagen, dass die Klasse BK30a von der Arbeit des Vereins „Gefangene helfen Jugendlichen e.V.“ sehr begeistert ist und wir die Ansätze der Präventions -und Resozialisationsarbeit als gut durchdachte Bereicherung in der Jugendarbeit sehen.
Als letzte Einrichtung haben wir uns die Gemeinwesensarbeit St. Pauli angeschaut. Hier wurden wir im Kulturzentrum Kölibri empfangen. Dies ist eine Einrichtung der offenen Kinder- und Jugendarbeit. Die GWA (Gemeinwesensarbeit) ist der Träger dieser Einrichtung; finanziert wird sie durch das Bezirksamt Altona, die Kulturbehörde und durch Fundraising. Sie hat sich seit den 70er Jahren aus der Arbeit mit Obdachlosen entwickelt. Das Kölibri selbst bietet vielfältige Angebote für Kinder, Jugendliche und Eltern an (u.a. eine Nachmittagsbetreuung für Kinder aus der umliegenden Ganztagsschule). Ein weiterer Teil des Kölibris ist ein Bauspielplatz, an dem die Kinder unter anderem die Möglichkeit haben, sich kreativ auszuleben, indem sie z.B. kleinere Hütten bauen. Neben einem fachlichten Input zu den Aufgaben und Inhalten der Gemeinwesensarbeit wurden wir dann von der Mitarbeiterin durch St. Pauli geführt und erhielten hier noch einige Informationen über die Lebenslage vor Ort sowie die aktuellen Herausforderungen des Quartiers (z. Bsp. Gentrifizierung).
Nach dem Besuch dieser Einrichtung machten wir uns auf den Weg zum Hamburg Dungeon in die Speicherstadt Hamburg, wo wir die „dunkle Seite“ der Hamburger Geschichte kennenlernten. Wieder in der Freiheit angekommen, bewegten wir uns zum Spielbudenplatz auf der Reeperbahn und konnten gemeinsam bei Speis und Trank in der Abendsonne die Studienfahrt abschließen.


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